Mittwoch, 30. Mai 2012

Insel statt Malchow

Direkt hinter Hamburg beginnt die Mecklenburgische Seenplatte. Und der Zug kann die Brücken nur noch mit Schrittgeschwindigkeit passieren. Da landen meine Steuern also nicht. In Neustrelitz kommt man trotzdem an. Nachdem man zahlreiche Seen und Malchow mit seiner Wartehalle dritter Klasse passiert hat. Halt nur eine Stunde später als führe man den Bogen über Bad Kleinen. Das kleine, hässliche Dorf mitten in der Ödnis wollte ich unbedingt auslassen. Ich habe schlechte Erfahrungen. Die kleinen Schienenbusse zum Festival gibt es nicht mehr, dafür gibt es den Husarenmarkt mit Husarenapotheke und Busse, die Klassenfahrtfeeling versprühen. Raoul und ich mussten lernen, dass man nicht zwingend schneller rauskommt, wenn man an der Tür sitzt. Allerdings sitzt man dann. Zur unserer Sicherheit baute ich mein Zelt an der Feuerlöschtonne auf. Raoul warf seins hin. Einen Grill hatten wir nicht dabei.

Ahnung hatten wir auch nicht dabei. Wir wussten nicht, wer spielt, wer wann spielt und wer wo spielt. Und warum schonmal gar nicht. Am ersten Tag kann ich mich noch an Francis International Airport aus Wien erinnern. Die haben dort spezielles Wasser, das jung hält. Oder die Buben (wie sagt man richtig auf Österreichisch?) sind genetische Wunder. Oder Spätgeborene. Dann trafen wir Paul und Anna. Die kamen spontan und VIP-mäßig. Sonst noch was? Let's Did It, die seltsame Band ohne Text im Heftchen. Es waren Sportfreunde Stiller. Erkannt am Schlagzeuger. Und dann am Bassisten. Und dann am Sänger. Musikalisch ohne, aber mit Wert für das sentimentale Empfinden.

Am Samstag gab es einen See. Verrückte Rätsel mit Lawinen und Taucheranzügen. Kleine Haubentaucher. Kleinere Fische. Und verbrannte Füße. Füße, die abends zu Klötzen anschwollen. In etwa Schuhkartongröße. Ein festes Klo aus Porzellan und Spülung und Klopapier und Waschbecken (aber ohne Seife, die war aus) gab es am Husarenmarkt. Raoul und ich spielten Fremdenführer. Für Paul und Anna. Und unsere vier neuen Freunde aus Schwerin. Oder von ganz woanders, aber grad Schwerin. Oder so. Neustrelitz ist schön. Wenn man da nicht wohnen muss. Und schnell wieder weg kann. Mauer ist ja nicht mehr. Puh. Puh ein zweites Mal als ich meinen Kopf unter die Dusche hielt. Puh. Kalt!! Kopfschmerzkalt!! Dabei kündigte ich warmes Wasser an. Aber ich bin eh ein Lügner, der kleine blonde Offi(i) mit dem finnischen Vater. Ging durch.

Inzwischen hatte man auch ein wenig Ahnung. Man wusste Heinz Strunk und Kakkmaddafakka und Friska Viljor. Außerdem: Fachgespräche mit dem Pommesverkäufer. Erdnusssauce - ja oder nein? Schieß los! Freundlich wie ich bin, brachte ich Raoul auch noch richtiges Mojitobestellen auf Italienisch bei. Richtig heißt es "Due Mojiti, per favore.". Klappte hervorragend. Und schmeckte. Die Barkeeper waren auf Anhieb unsere Freunde. Am Ende des Abends hieß es nur noch "Hier, zweimal Lecker-Lecker für euch!".

Heinz Strunk hat ein f-Problem, ich habe ein Alkoholproblem, es schmeckte mir immer noch nicht. Ich habe jetzt Feierverbot vor Festivals. Raoul hatte ein Zeltproblem. Da wir uns entschieden direkt nach Friska Viljor nach Kiel zu fahren, mit den beiden VIPs und ihrem Auto, mussten wir sämtliche Zelte abbrechen. Ich war schnell. Raoul nicht.Was in gewissen Situationen von Vorteil ist, belustigte mich in dieser. Wurfzelt: eher nein.

Neues Lieblingsgetränk: Charitea. Kakkmaddafakka waren witzig. Friska Viljor spielten das erste Album von vorne bis hinten durch. Der Sänger war betrunken. Kannte seinen Text aber noch. Und war auch sonst gut drauf. Endlich mal wieder. Ich musste Jahre warten. Ich war nebenbei charmant und witzig und nett und so. Und zu dumm. Alles normal also. Dann Fahrt nach Kiel. Und Feierabend.